Demokratie hat mit Verantwortung zu tun

Alex Demirovic´ - Freitag 49

SYSTEMFEHLER - Warum die Eliten Hans-Werner Sinn keine Sozialnachhilfe angedeihen lassen

Für jüngste alarmierende Zeichen einer Erosion der Demokratie hat der britische Soziologe Colin Crouch kürzlich den Begriff der “Postdemokratie” geprägt. Damit meint er: Die formalen Institutionen sind noch vorhanden, die Verfahren werden brav vollzogen, doch die Entscheidungen fallen immer seltener auf der demokratischen Bühne. Eine Spiegel-Serie im Mai 2008, die der Frage nachging, ob Demokratien der führenden kapitalistischen Staaten noch eine Zukunft haben, berichtete, dass Verantwortungsträger aus Wirtschaft und Politik sich beeindruckt zeigen von dem Can-do-Spirit von Entwicklungsdiktaturen und Petro-Theokratien.

Dies werfe bei ihnen die Frage auf, ob nicht die hohen Wachstumsraten, die dynamischen Innovationen, die schnellen politischen Entscheidungen auf eine Effizienz des politischen Systems schließen lassen, mit denen die Wettbewerbsvorteile auch einer Wirtschaft wie der Deutschlands sich noch weiter steigern ließe. Wenn alle gesellschaftlichen Bereiche unter dem Gesichtspunkt evaluiert werden, ob sie globalen Verwertungsmaßstäben entsprechen, wäre es nur konsequent, auch nach den Kosten der Demokratie zu fragen: teure Wahlen, unnützes parlamentarisches Personal, kostenintensive Parteienlandschaft, Immobilien in bester Lage, die nach Privatisierung schreien, zu viele Gesetze, die das Durchregieren zugunsten der Wirtschaft erschweren, und schließlich eine Öffentlichkeit, die politische Entscheidungen “zerredet”. Demokratie erscheint als ein zu teurer, weil hinderlicher Luxus. (mehr…)

Dazu passt auch:

Hitler war kein Unfall der Geschichte

Hitler als Vorläufer

ad-sinistram

Wenige Jahre vor seinem Tod, schrieb Carl Amery ein Essay, welches in besorgniserregender Art und Weise verdeutlicht, in welcher Tradition, mit welchem Erbe behaftet unsere Zeit ist. Ein Erbe, welches gerade heute, in Tagen entfesselten Konsum- und Kosten-Nutzen-Denkens, in Gänze zur Geltung kommt, in denen aufbricht, was schon seit Jahren verkrustet schien.


In „Hitler als Vorläufer – Auschwitz, der Beginn des 21. Jahrhunderts?“ räumt Amery auf mit der heute vorherrschenden Annahme, dass die Zeit des Hitlerismus, also die Jahre 1933 bis 1945, eine Art Unfall deutscher Geschichte darstellen. Es sei eben nicht ein unerklärlicher Rückfall in die Barbarei oder ins Mittelalter – welches bei weitem nicht so brutal war, wie diese zwölf Jahre deutscher und europäischer Geschichte -, sondern die logische Konsequenz einer entfesselten Wissenschaftlichkeit. Gleichwohl stehen diese zwölf Jahre, steht auch Auschwitz, nicht abgeschottet von der danach folgenden Zukunft. Für Amery sind die Jahre 1933 bis 1945 nicht unerklärlich und stehen nicht innerhalb des 20. Jahrhunderts, wie Jahre, die da eigentlich nicht hineinpaßten – im Gegenteil: die Zeiten des Hitlerismus, gerade auch der Genozid an allerlei Ethnien, stehen dort folgerichtig und sind nicht vom Heute isolierend zu betrachten.
So legt der Autor dar, wie Hitler als Kind seiner Zeit, dazu überging, in der „grausamen Königin aller Weisheit“ – nach einem Zitat in Hitlers „Mein Kampf“ -, den einzigen Leitgedanken seiner Politik zu erkennen. Er sei der Feldherr dieser Königin gewesen, die man als den pervertierten Gedanken des Darwinismus verstehen muß. Die Königin ist jener blutrünstige Umstand, der sich für die Menschen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, als Kampf auf Leben und Tod, der sich in der Natur manifestiert, als Grundprinzip des Daseins abzeichnete. Selbst menschliche Gesellschaften würden diesem Prinzip unterliegen und die Politik habe dieser kruden Metaphysik Folge zu leisten und den Kampf dahingehend zu führen, der eigenen Rasse das Ãœberleben zu sichern. Rassischer Sozialdarwinismus: das ist die hitleristische „grausame Königin aller Weisheit“. (mehr…)

Die Allmächtigen

[ME] Auch wenn nach aktueller Lage das BKA-Gesetz im Bundesrat abgelehnt werden sollte, gilt nach § 81 StGB auch die Vorbereitung als Hochverrat:

„Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt
1. den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder
2. die auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern,
wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.“
– § 81 StGB

Ermittler sollen dem neuen BKA-Gesetz zufolge mit richterlicher Genehmigung heimlich Computer durchsuchen dürfen. Das Bundeskriminalamt wird so zur Bundes-Superpolizei.
Von Heribert Prantl

Der heutige Tag ist ein bemerkenswerter Tag in der deutschen Rechtsgeschichte. Es ist der Tag, an dem die Entmachtung der Staatsanwaltschaft Gesetz wird - und zwar beginnt diese Entmachtung ganz oben, an der Spitze des Strafverfolgungs-Systems: Die Bundesanwaltschaft verliert ihre Sachherrschaft in den Terrorverfahren an das Bundeskriminalamt (BKA). Das BKA-Gesetz, das an diesem Mittwoch im Bundestag beschlossen werden soll, führt nämlich dazu, dass in Terrorsachen im Zweifel das Bundeskriminalamt, also die Polizei, das Sagen hat - und damit die diesem vorgesetzte Behörde, das Bundesministerium des Inneren.
Nicht mehr der Generalbundesanwalt, sondern Minister Schäuble führt künftig das entscheidende Wort. Denn die Verhütung von Straftaten, die das neue Gesetz dem BKA zuweist, schlägt die Verfolgung von Straftaten, für die die Bundesanwaltschaft zuständig ist. Die Staatsanwaltschaft, die Herrin des Ermittlungsverfahrens, die dafür sorgen soll, dass dem Gesetz Genüge getan wird, wird zur nachgeordneten Behörde. (mehr…)



Was der Bürger nicht weiß, macht den Bürger nicht heiß

Das BKA-Gesetz macht heimliche Grundrechtseingriffe möglich - gegen die sich der betroffene Bürger nicht wehren kann.
Ein Kommentar von Heribert Prantl

Einer der größten, wichtigsten, ja fundamentalsten Sätze des Grundgesetzes steht in Artikel 19 Absatz 4: Dieser Satz garantiert jedem Menschen, der von “von der öffentlichen Gewalt in seinen Rechten verletzt” wird, dass ihm “der Rechtsweg offen” steht. Der Satz war, als er vor sechzig Jahren ins Grundgesetz geschrieben wurde, ein kühner Satz. Der große Staatsrechtler Richard Thoma bezeichnete ihn als den “Schlussstein in dem Gewölbe des Rechtsstaats”.

Ein Hohn auf die Rechtsschutzgarantie

Das neue BKA-Gesetz reißt diesen Schlussstein aus dem Gewölbe. Es ersetzt ihn durch einen Laib löchrigen Käse., der eingewickelt ist in den Satz: Was der Bürger nicht weiß, macht den Bürger nicht heiß. Das neue Gesetz gibt nämlich der obersten Bundespolizeibehörde, also der öffentlichen Gewalt, die Macht zu allen möglichen Grundrechtseingriffen - von denen aber der betroffene Bürger nichts erfährt; also kann er sich auch nicht dagegen wehren. (mehr…)

Attac - Kinospot zur Finanzmarktkrise

Wir freuen uns sehr, den neuen breitenwirksamen Attac-Spot zur Finanzmarktkrise vorstellen zu können! Der kurze Werbefilm eignet sich optimal als Einspieler vor Präsentationen, Diskussionsrunden und natürlich jedem Kinofilm. Mehr als 50 Kinos haben uns ihre Kooperation bereits fest zugesagt (Stand 6.11.). Wir freuen uns über jede weitere Aufführung.
Produziert wurde der Spot von Thomas Bohn mit seiner Crew. Einen ganz herzlichen Dank an alle, die sich an seiner Erstellung und Gestaltung beteiligt haben!

Kontakt Attac

Wer zahlt eigentlich, wenn das Geld arbeitet?

Von Löwen und Lämmern: “Let’s make money” ist eine Reise in die Gehege des Raubtierkapitalismus

Von Rüdiger Suchsland

Es sind harte Schläge direkt ins Gesicht, die der Kapitalismus hier erhält. Ziemlich viele, sein Gesicht ist zur Fratze entstellt, die hübsche Maske aufgerissen. Noch stürmen zwar keine Massen die Banken wie zu Beginn der 30er Jahre, aber das kann ja noch kommen, und manchen Banken würde man das angesichts Erwin Wagenhofers Film auch wünschen. “Lets make money” kehrt den ideologischen Scherbenhaufen zusammen, der vom implodierenden Neoliberalismus übrig geblieben ist. Sein Film zeigt die Produktionsbedingungen der Finanzkrise, er zeigt aber auch, warum es höchstwahrscheinlich so weiter gehen wird, warum auf die Krise keineswegs eine grundlegende Veränderung unserer Wirtschaft folgen wird.

Der Kapitalismus ist ein blutiges Geschäft. Das sagen nicht irgendwelche seiner Verächter, sondern die ehrlicheren unter seinen Verteidigern. Etwa Mark Mobius (1), “Investment-Guru” einer ganzen Generation, der – aus Steuergründen von Singapur aus - Fonds in Milliardenhöhe verwaltet. “Man muss kaufen, wenn das Blut auf den Straßen liegt”, zitiert er im Film eine alte Wall-Street-Weisheit und fügt verschmitzt hinzu, “und wenn es Dein eigenes ist.” All das sitzt bis zum letzten Hieb: Da zeigt der Film das Gekritzel sowjetischer Soldaten an den Mauern des Reichstags, entstanden kurz nach Kriegsende im Mai 1945. Dazu sagt der SPD-Abgeordnete Hermann Scheer: “Wenn wir so weitermachen, dann kommen neue Selektionsmechanismen.” Die Botschaft ist klar. Auf die Krise folgt die Knappheit, auf die Knappheit Verteilungskämpfe. Und dann beginnt die Barbarei. Und - das muss man wohl für die hinzufügen, die jetzt denken “und wenn schon, wo gehobelt wird, da fallen Späne, und Verteilungskämpfe sind halt das Leben” - es ist keineswegs ausgemacht, dass der Westen nicht jenes Ancien Regime unseres Zeitalters ist, dass von den neuen Sansculotten aus Afrika hinweggefegt wird, bevor dann dein kleiner Korporal auch Peking kommt… Wir wissen nicht, wie es Mobius gerade geht, denn Erwin Wagenhofers (”We Feed the World”) Film ist selbstverständlich vor der aktuellen Finanzkrise entstanden - vermutlich kauft er gerade in großem Stil ein. Denn auch wenn ohne jeden Zweifel derzeit das Blut der Aktienhändler, Finanzjongleure und Casino-Kapitalisten in Strömen fließt - falls sie ihren eigenen Ãœberzeugungen nur einigermaßen vertrauen - wovon man, wie immer bei Gläubigen, auch in diesem Fall ausgehen darf - sitzen jetzt schon die ersten von ihnen in Wartestellung, um zu kaufen, nicht zu früh, aber bitte auch nicht zu spät. Im ein paar Jahren macht Wagenhofer dann vielleicht einen Film über diejenigen, die sich gerade eine goldene Nase verdienen. (mehr…)

Reiche aller Länder, bereichert Euch!

NEOLIBERALE KERNSCHMELZE - Warum es falsch ist, die Finanzkrise isoliert zu sehen

Mohssen Massarrat

Die derzeitige Finanzkrise ist - inzwischen unbestritten - die größte Krise des Kapitalismus nach der ersten Weltwirtschaftskrise vor über 80 Jahren. Sie führt auch die Krise der Kapitalismuskritiker drastisch vor Augen. Sie alle haben diese Entwicklung zwar vorausgesagt, sich jedoch kaum damit befasst, welche Konsequenzen aus der Krise im Sinne einer emanzipatorischen Politik zu ziehen wären. Jetzt ist es an der Zeit, das Versäumte schnellstens nachzuholen. Es ist offensichtlich: die “Rettungspakete” der EU-Regierungen führen nur dazu, dass der neoliberale Kapitalismus unbeschadet davonkommt.
“Ich bin fest davon überzeugt, dass genügend Menschen bereits wieder daran arbeiten, das Versagen des Systems möglichst schnell mit dem Mantel des Vergessens zuzudecken”, sagt der ehemalige Daimler-Chef Edzard Reuter (FR vom 18./19. Oktober). Die Tatsache, dass Angela Merkel zunächst Hans Tietmeyer, einen der Architekten des Neoliberalismus in Deutschland, als Koordinator des Rettungspakets vorschlug, dann - nach Kritik im Parlament - ihn wieder fallen ließ, um den nächsten, ebenfalls eingefleischten Neoliberalen, Jörg Asmussen, zu präsentieren, beweist es: die Neoliberalen sind mit aller Kraft dabei, alle Zügel in der Hand zu behalten und zur Rettung des Systems Bauernopfer zu bringen. Schuld an allem sei die “Raffgier” einiger Manager. Mit untauglichen Mitteln, wie einer Gehaltsbegrenzung für Manager, soll der Wut der Bevölkerung die Spitze genommen werden. In allen Fernsehkanälen ist “Gier” der Manager das Thema - die Gier sei halt menschlich, also eine unveränderliche Konstante, zum Neoliberalismus gäbe es daher keine Alternative. (mehr…)

Die neuen Kapitalverbrechen

Staatsstreich mit Plan P

Von Winfried Wolf

»Entscheidungen des Finanzministeriums in Verfolgung dieses Gesetzes (…) unterliegen der Geheimhaltung. Sie können von keinem Gericht und von keiner Regierungsbehörde angefochten werden.«

Noch in dieser Woche soll im US-Kongreß ein Gesetz beschlossen werden, das nach außen als »Plan zur Rettung des Finanzsystems« verkauft wird. In Wirklichkeit handelt es sich um eine der größten Vermögensumverteilungen in der Wirtschaftsgeschichte – zugunsten des Finanzsektors, zu Lasten der Steuerzahlenden und der Bevölkerung. Wenn dieses Gesetz wie absehbar mit einigen Änderungen beschlossen wird, dann kommt dies einem kalten Staatsstreich gleich. US-Finanzminister Henry Paulson wird mit seinem »Plan P« zum Finanzdiktator. In dem Entwurf für das Gesetz heißt es in »Section 2«: »Der Minister ist ermächtigt, Hypothekenbezogene Wertpapiere von jedem denkbaren Finanzinstitut, das sein Hauptquartier in den USA hat, zu Bedingungen, die das Finanzministerium festlegt, zu kaufen.« Diese Käufe können in einem Umfang und Maß stattfinden, »wie das Finanzministerium dies für erforderlich hält«, wobei es dafür »keinerlei Beschränkungen gibt«. Die allgemein verbreitete Behauptung, es gehe um 700 Milliarden US-Dollar, ist irreführend, im Text steht explizit »without limitation«. In »Section 8« wird die Aufhebung der Demokratie auf den Punkt gebracht: »Entscheidungen des Finanzministeriums in Verfolgung dieses Gesetzes (…) unterliegen der Geheimhaltung. Sie können von keinem Gericht und von keiner Regierungsbehörde angefochten werden.« (mehr…)

Dazu mehr

bei den NachDenkSeiten:

• Das Casino kracht zusammen. Croupière Merkel flüchtet durch den Hinterausgang

• Deutschlands maßgebliche politische und wirtschaftliche „Eliten“ sind mit der Finanzindustrie verfilzt

von Joseph Stiglitz in der FAZ:

• Der amerikanische Staat ist schuld

bei Radio Utopie:

• Was ist los mit dem Dollar?

Die Theorie des freien Geldmarktes hat sich als falsch erwiesen

Jetzt beginnen, die Weichen neu zu stellen, von Karl Müller

“In den kommenden Wochen und Monaten besteht die grosse Gefahr, dass die Profiteure des bisherigen Weltgeldsystems alles daran setzen werden, um ihre Herrschaft doch noch zu retten [...] und sie könnten sich sogar entschliessen, die Welt in einen furchtbaren neuen Krieg zu stürzen, dessen Verlauf niemand absehen kann. Viele Zeichen deuten darauf hin, dass ein solcher Entschluss skrupellos in Erwägung gezogen wird [...]
Es ist deshalb hochgefährlich, auf die Kapitulation der Profiteure des bisherigen Weltgeldsystems warten zu wollen und die Hoffnung alleine auf einen erst dann möglichen Wiederaufbau zu setzen. Vorrangig ist jetzt, eine Wahnsinnsreaktion dieser Kreise mit allen demokratischen Mitteln zu verhindern.”

Der sich seit langem abzeichnende und nun in einem rasanten Tempo stattfindende Zusammenbruch des bisherigen Weltgeldsystems ist ein unübersehbares Zeichen. Die Theorie vom allgemeinen Vorteil des freien Marktes, insbesondere des freien Geldmarktes und der Kapitalverkehrsfreiheit, hat sich als falsch erwiesen. Eine falsche Theorie, für die nun Milliarden von Menschen überall auf der Welt bezahlen müssen – nach dem absurden Prinzip, dass hohe Gewinne nur für ein paar wenige privatisiert, Verluste aber, vor allem dann, wenn sie wie jetzt ausserordentlich hoch sind, sozialisiert werden, also den Bürgerinnen und Bürgern aufgebürdet. Nichts anderes bedeuten die Eingriffe der Staaten und der Zentralbanken der letzten Zeit.
Der Verlauf der letzten Jahre war kein naturgesetzliches Schicksal, sondern das Ergebnis menschlichen Fehlverhaltens, falscher menschlicher Entscheidungen – von Entscheidungen, deren Triebfeder nicht Vernunft, Sorgfalt, Mass und Gemeinwohlorientierung, sondern Ideologie, Spekulation, Masslosigkeit und Habgier waren. Und der fehlende politische Wille, diesem Treiben, dessen Verlauf vorauszusehen war, rechtzeitig Einhalt zu gebieten. Ein Verlauf, der groteskerweise auch jetzt noch ein paar wenige Profiteure beim Leichenschmaus hat. (mehr…)

Inszenierter Terror

Interview mit Daniele Ganser über die NATO-Armee Gladio. Teil 1

Reinhard Jellen

Daniele Ganser (1) ist Historiker an der Universität Basel. In seinem Buch “NATO Geheimarmeen in Europa” untersuchte er die Verstrickungen der Organisation Gladio (2), die im Kalten Krieg Rechtsextremisten rekrutierte und für verschiedene Terroranschläge verantwortlich war.

Die USA und die Briten stoppten am Ende des Krieges die Waffenlieferungen an ihre kommunistischen und sozialistischen Waffenbrüder. Diese waren sehr enttäuscht und erkannten, dass die Engländer und Amerikaner nach dem Prinzip vorgingen: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Und als der eine Feind geschlagen war, wurden nicht die gegnerischen Widerstandsbewegungen weiter unterstützt, sondern die ehemaligen Feinde, also plötzlich Faschisten und Rechtsextreme. Mit Moral hat das wenig zu tun, aber viel mit Strategie und Macht. In Deutschland gab es auch diese Kehrtwende. Als man die Niederlage Hitlers erreicht hatte, durchkämmten der amerikanische Geheimdienst Counter Intelligence Corps (CIC) ganz Deutschland nach Nazis, die im Kampf gegen den Kommunismus gebraucht werden konnten. Am bekanntesten ist der erste deutsche Geheimdienstchef nach dem Zweiten Weltkrieg, Reinhard Gehlen (12).
Dieser General von Hitler ist nur dadurch Geheimdienstchef geworden, weil das CIC herausgefunden hatte, dass Gehlen an der Ostfront im Kampf gegen die Kommunisten beteiligt gewesen war, dort sehr brutale Verhörmethoden z. T. mit Folterungen verwendete und die Ergebnisse aufzeichnete, welche dann am Ende des Krieges in den österreichischen Alpen vergraben wurden. Diese Daten offerierte Gehlen den Amerikanern, worauf er nach Washington zu Präsident Truman geladen und Direktor der Organisation Gehlen wurde. Die Amerikaner haben also in Nürnberg einen Teil der Nazis auf moralischer Basis abgeurteilt und einen anderen Teil der führenden Nationalsozialisten wiedereingesetzt, weil man sie im Kalten Krieg brauchte. (mehr…)

Gladio und Terror in Deutschland: Das Oktoberfestattentat. Teil 2

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