Der gekaufte Staat

Von Albrecht Müller, NachDenkSeiten

gekaufter-staat.jpgDie Fernseh-Journalisten Sascha Adamek und Kim Otto (Monitor) haben gerade ein neues Buch herausgebracht. Es geht um die von den Großkonzernen und Industrieverbänden bezahlten eigenen Mitarbeiter, die in Ministerien bei der Gesetzgebung und Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben des Staates “behilflich” sind. Das ist ein brisantes Thema. Diese Art von in die Ministerien verpflanzter Lobbyarbeit betrifft nahezu alle Fachbereiche, zum Beispiel: Strom und Gas, die Tätigkeit der Heuschrecken, die Gesundheitspolitik, die Tätigkeit der Bauindustrie als privater Partner der Kommunen im Rahmen von ÖPP-Projekten, die Verteidigungspolitik, die Technologieförderung, den Luftverkehr und vieles mehr.
Die Lobby hat sich in den Bundesministerien, in den Landesministerium und in Brüssel eingenistet. Die Ausleihe von Verbandsvertretern, Rechtsanwälten und Beratern an die Ministerien ist auch eine Folge der systematischen Verarmung der öffentlichen Hände. Damit hat man in den Ministerien Bedarf für die interne Beratung durch Dritte geschaffen.
Was die Autoren aufgreifen ist in der Tat eine brisante und Demokratie gefährdende Angelegenheit. Dieser verdienstvollen Veröffentlichung tut es keinen Abbruch, wenn ich darauf hinweise, dass wir in den NachDenkSeiten schon länger auf dieses Problem hinweisen und uns dabei auch auf die Recherchen und Veröffentlichungen anderer Autoren beziehen. So haben wir am 1.12.2005 auf die Verleihung des Otto Brenner-Preises an Markus Rohwetter aufmerksam gemacht. Dieser hatte in der „Zeit“ vom 6.10.2005 unter dem Titel „Ihr Wort wird Gesetz“ von der Entstehungsgeschichte des so genannten ÖPP-Beschleunigungsgesetzes berichtet. Die entsprechende Passage in „Machtwahn“ ist hier dokumentiert.
Auch „Monitor“ hatte das Thema schon einmal aufgegriffen (z.B. im Beitrag vom 18.01.2007: Der Lobby-Sumpf: Bezahlte Lobbyisten in Landesministerien) Nun liegen die Recherche-Ergebnisse gebündelt in Buchform vor.
Das Thema wird uns leider erhalten bleiben. Es ist auch wichtig, im eigenen Umfeld über diese Machenschaften aufzuklären. Nächster Anlass könnte eine Stellungnahme des Bundesrechnungshofs sein, die für April erwartet wird.

Das Buch ist im Verlag Kiepenheuer und Witsch erschienen, es hat 231 Seiten und kostet 19,95 €.

2 Kommentare zu 'Der gekaufte Staat'

Kommentare als RSS oder TrackBack von 'Der gekaufte Staat'.

  1. Nora Hesse sagt,

    am 3. Apr. 2008

    Das Buch “Der gekaufte Staat” von Kim Otto und Sascha Adamek beschreibt am besten die erschütternde Realität von Lobbyisten in Ministerien. Hier haben die beiden Autoren ein Meisterwerk der investigativen Recherche vollbracht - schockierende Enthüllung von der ersten bis zur letzen Seite.

  2. Klaus Vater sagt,

    am 7. Apr. 2008

    Großkonzerne und Industrieverbände sorgen dafür, dass Mitarbeiter/innen in Ministerien landen, um dann - beispielsweise die Gesundheitspolitik - im Konzerninteresse beeinflussen oder umschreiben zu können. So Müllers These. Pech ist dann nur noch, dass es im Bundesgesundheitsministerium keine Konzernmitarbeiter gibt. Folglich kann auch nichts umgeschrieben werden.

    Ich habe nichts gegen spannende polit-fiction. Allerdings sollten wir alle aufpassen, dass nicht die Verschwörungs- Neurotiker die Debatte bestimmen. Verschwörungs-Theorien sind immer Reflex a) auf schwierige, kaum zu begreifende Zustände/Veränderungen und b) auf eigene Vorurteile. Mir scheint, dass es von Verschwörungs-Theorien über 9/11 zur Übernahme der Regierung durch die Gesundheitskonzerne nicht weit ist. Klaus Vater, Sprecher BMG

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