US-WAHLKAMPF, Wenn Finanzjongleure Politik machen

Rubrik: ARTIKEL 3 - Gleichheit vor dem Gesetz von admin am 21. Feb. 2007

Von Marc Pitzke, New York
Mit rund einer Milliarde Dollar Kosten wird der US-Präsidentschaftswahlkampf 2008 wohl der teuerste aller Zeiten. Im Hintergrund betätigt sich eine stille, private Macht: Hedgefonds, die sich mehr denn je mit Spenden in die Politik einmischen.
New York - Der Hedgefondsmanager Paul Singer weiß schon jetzt, für wen er bei der US-Präsidentschaftswahl 2008 stimmen wird. “Rudy Giuliani ist die richtige Führungsperson für diese Zeiten”, sagt Singer, 62, über den Republikaner und Ex-Bürgermeister New Yorks. Giuliani, so der sonst eher pressescheue Singer neulich in einem Interview mit der “New York Times”, habe New York zu “einer der großartigsten Städte der Welt” gemacht. Im Rennen ums Weiße Haus sei er heute “der stärkste, konservativste Kandidat” von allen.

Doch noch ist der Wunschkandidat natürlich nicht am Ziel. Zwar lässt Giuliani an seinen Ambitionen keinen Zweifel mehr: “Ja, ich kandidiere”, versicherte er dem CNN-Talker Larry King. Und in den Umfragen liegt er weit vor allen Parteirivalen und Kopf an Kopf mit der demokratischen Senatorin Hillary Clinton. Doch die Konkurrenz ist unberechenbar - und gut finanziert: Allein Clinton hat zurzeit über elf Millionen Dollar in der Wahlkampfkasse.

Also tut Mr. Singer sein Bestes, Giuliani unter die Arme zu greifen: Er hat seine Firma Elliott Associates, die er 1977 als einen der ältesten US-Hedgefonds gründete und die rund sieben Milliarden Dollar bewegt, sozusagen in Giulianis Dienste gestellt. Und Singer hat sich der Wahlkampftruppe Giulianis auch offiziell als Strategieberater angeschlossen. Weitere Finanzhaie im “Team Rudy”: der Firmenjäger Carl Icahn sowie der texanische Ölmilliardär T. Boone Pickens und der Rohstoffhändler Paul Tudor Jones, die beide ebenfalls ihre eigenen Hedgefonds verwalten und sich spendabel gezeigt haben.

Geldwahn in der Politik

Ihre Motive sind klar - und politisch. Die USA, so Paul Singers erzkonservative Philosophie, seien gut beraten mit ihren globalen Alleingängen und müssten sich vor “internationalen Organisationen und Allianzen” weiter hüten. Giuliani sei derjenige, der das am strammsten durchziehen würde - erst recht jetzt, “in der Frühphase eines existenziellen Kampfes mit radikalen Elementen pan-nationaler Islamisten”.

Das ist mehr als politischer Smalltalk eines gelangweilten Wall-Street-Veteranen. Singer und seine Hedgefonds-Kollegen engagieren sich stärker denn je im US-Wahlkampf. So wie ihr Vermögen immer üppiger wird, so wächst auch ihr Einfluss in Washington - und zwar ganz legal, via Wahlkampfspenden.

Es scheint eine automatische Konsequenz des generellen Geldwahns in der Politik: 2008, so prophezeit Michael Toner, der Chef der US-Wahlbehörde FEC, werde mit einem Aufwand von wohl einer Milliarde Dollar “die teuerste Präsidentschaftswahl der Geschichte”. Und ein großer Batzen kommt von der Wall Street.

“Hillary is beautiful”

52,2 Millionen Dollar an Parteispenden hat der amerikanische Finanzsektor nach Angaben des unabhängigen Watchdog-Dienstes “Political Money Line” allein in die Kongresswahlen 2006 investiert. (Zahlen für 2007 liegen noch nicht vor.) Fast drei Millionen Dollar stammten von den 30 größten US-Hedgefonds - fast doppelt so viel wie bei der Präsidentschaftswahl 2000.

“Werden Hedgefonds-Typen sich mit ihren Kunstsammlungen und ihren Häusern in Greenwich zufrieden geben oder den nächsten Schritt tun?”, fragt sich der Investment-Stratege Byron Wien von Pequot Capital. “So wie Hollywood in die Politik einmarschiert ist, so werden wir dasselbe mit Hedgefonds sehen.”

Es geschieht längst - auf allen Seiten. Nicht nur Giuliani weiß sich Hedgefonds-Gelder zu sichern - auch Parteikonkurrent John McCain und die frühere First Lady Hillary Clinton. Eine der Top-Spender Clintons ist zum Beispiel Lisa Perry, die Ehefrau des New Yorker Hedgefonds-Gründers Richard Perry. Dessen Fond Perry Capital managt zwölf Milliarden Dollar in New York, London und Hongkong.

“Hillary is beautiful”, findet Perry, 48, die seit 2000 mehr als eine Million Dollar an diverse Demokraten gespendet hat und im Flur ihres Penthouse zwei Clinton-Porträtfotos hängen hat. “Ich werde emotional für sie da sein, und ich werde ihr Geld zusammentrommeln.”

Unbegrenzte Summen

Dazu hat Perry unter anderem die Kunstszene New Yorks mobilisiert und auch schon etliche Spendengalas gegeben, in ihrem Landhaus in den Hamptons. “Lisa ist eine aktive, effektive Parteigängerin”, lobte ein Clinton-Sprecher die engagierte Hedgefonds-Gattin. Hillary Clinton, erwidert Perry das Kompliment, “wäre die fabelhafteste Präsidentin”.

Clintons Parteirivale John Edwards hat eine ganz persönliche Nähe zum Hedgefonds-Geld. Er verbrachte nach seiner Wahlniederlage als Vizepräsidentschaftskandidat 2004 die letzten 14 Monate als Berater für den Konzern Fortress Investment, der vorige Woche als erster US-Hedgefonds überhaupt eine spektakuläre Börsenpremiere hinlegte. Edwards hat seinen Vertrag mit Fortress inzwischen zwar gekündigt, doch seine Ex-Kollegen zeigen sich weiter spendabel.

Wie Lisa Perry dienen sich viele aus der Hedgefonds-Branche den Kandidaten für 2008 nicht nur als Finanziers an, sondern auch als Verbindungsleute zu anderen vermögenden Gebern. Dank dieser “Pipeline” (”New York Times”) haben die Spitzenkandidaten bereits so viel Spenden auf dem Konto, dass sie womöglich bald auf öffentliche Gelder verzichten können. Was wiederum den Vorteil hat, dass sie dann - laut US-Wahlkampfbestimmungen - unbegrenzte Summen ausgeben könnten.

Obamas Hintermann

Das ist enorm wichtig in diesem Wahlkampf, der früher begonnen hat als sonst einer in der Geschichte der USA und deshalb auch länger dauern wird: Schon jetzt kommt es darauf an, dass Kandidaten so schnell wie möglich so viel Geld wie möglich auftreiben. Es wird erwartet, dass die Top-Kandidaten bis Ende dieses Jahres jeweils mindestens 100 Millionen Dollar auf dem Konto haben werden. Da kommen die Hedgefonds wie gerufen.
Die Nähe zur Macht könnte für die Hedgefonds auch Risiken bringen: Immer lauter werden nämlich auch in Washington die Rufe nicht nur nach besserer Kontrolle dieser privaten und weitgehend unregulierten Fonds, sondern generell nach einer gerechteren Verteilung des US-Vermögens zwischen Reich und Arm.

Einer derjenigen, der eine solche Umverteilung immer wieder gerne propagiert, ist zum Beispiel der schwarze Präsidentschaftskandidat Barack Obama. Dessen finanzkräftigster Hintermann: Hedgefonds-Milliardär George Soros, der den Demokraten schon bei der letzten Wahl 18 Millionen Dollar gespendet hat.

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